Bei den – ergebnislosen – Gesprächen zwischen der russischen
Gasprom und dem ukrainischen Staatsunternehmen Naftogas über
die weitere Erdgaslieferung an die Ukraine zum Jahreswechsel
ging es um die Frage, wie und wann die Ukraine aufgelaufene
Schulden für bereits zugestelltes Gas zahlen wird. Die
Ukraine hat gegenüber Rußland Zahlungsrückstände im Umfang
von 1,5 Milliarden US-Dollar allein für im Jahr 2008
geliefertes Gas. Den Zeitverzug für die Rückzahlung
inbegriffen, würde die Schuld der Ukraine gegenüber Rußland
mittlerweile zwei Milliarden Dollar betragen. Gasprom hat
der Ukraine unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen
Schwierigkeiten des Landes einen weit unter dem
Weltmarktpreis liegenden Gaspreis von 250 Dollar für 1000
Kubikmeter Gas angeboten.
Der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko und
Ministerpräsidentin Julia Timoschenko wollen jedoch nur 200
Dollar je 1000 Kubikmeter zahlen. Zum Vergleich:
Turkmenistan und Kasachstan verkaufen 1000 Kubikmeter für
340 Dollar. Inklusvive Transitkosten hätte die Ukraine
diesen Ländern 400 Dollar je 1000 Kubikmeter bezahlen
müssen. Da die Ukraine nicht auf das russische Angebot
eingegangen ist, gibt es nun noch immer keinen
Gasliefervertrag für 2009.
Am 30. Dezember erhielt Gasprom einen Brief aus der Ukraine,
in dem behauptet wurde, es seien 1,5 Milliarden Dollar auf
das Konto des Konzerns überwiesen worden. Nach
Gasprom-Angaben ist jedoch kein Geld eingegangen. Außerdem
erklärte der Generaldirektor von Naftogas, Oleg Dubin, man
werde das russische Gas, das durch die Ukraine transportiert
wird, als »herrenlos« deklarieren, da man keinen Vertrag
bekommen habe. Dies, obwohl die Ukraine versichert hat, die
Versorgung der EU-Staaten in vollem Umfang zu gewährleisten.
Am Wochenende meldeten mehrere EU-Staaten einen Rückgang
ihrer Gaslieferungen.
Die ukrainische Seite will zudem den Transittarif für Gas
nach Westeuropa ändern. Mit Rußland war dafür ein
langfristiger Vertrag bis 2011 ausgehandelt worden,
demzufolge die Ukraine für das Transitgas 1,60 Dollar für
1000 Kubikmeter pro 100 Kilometer erhält. Das ist ein
mittlerer europäischer Tarif. Jetzt will die Ukraine diesen
anheben. Die russische Seite hat nach all diesen Vorgängen
am 1. Januar 2009 jegliche Gaslieferungen an die Ukraine
eingestellt (siehe jW vom 3./4.1.). Gasprom-Vizechef
Alexander Medwedew beschuldigte die Ukraine unterdessen,
täglich 35 Millionen Kubikmeter Gas zu stehlen. In Berlin
forderte er die Europäer am Samstag zu rechtlichen Schritten
gegen die Ukraine auf. Diese habe den europäischen Vertrag
über die Lieferung von Energieerzeugnissen verletzt.
Präsident Juschtschenko sicherte gegenüber Bundeskanzlerin
Angela Merkel einen reibungslosen Transport russischen Gases
nach Westeuropa zu. Gasprom wiederum hat inzwischen erklärt,
man werde die Gaspreise für die Ukraine automatisch auf
Weltmarktniveau anheben, sollte sie auf das günstige
russische Angebot nicht eingehen. Um den Export nach
Westeuropa sicherzustellen, werde man das Erdgas nun
verstärkt durch die belarussischen Pipelines leiten.
Quelle: Junge Welt:
http://www.jungewelt.de/2009/01-05/013.php